Arbon. Von weitem denkt man sofort an ein Baugerüst im asiatischen Raum. Dicht nebeneinanderstehende Pfosten, dort meist aus Bambus, hier aus Fichte, ragen gegen den tiefblauen Himmel, kontrastieren mit dem Grün der Wiese und der zwischen Grün und Blau oszillierenden Wasseroberfläche. Vom Strandbad dringen Stimmen, Gelächter und Gekreische herüber: Sommer in seinem schönsten ABC.
Selbstverständnis befragen
Wir befinden uns weder an der Meerenge von Kalabrien, wo der italienische Regierungschef Berlusconi sein sechs Milliarden Euro teures «achtes Weltwunder», «Ponte sullo Stretto» plant, und auch nicht in einem Comicstrip von Dagobert Duck, dessen Brückenvision nicht nur geplant, sondern auch gebaut worden war. Es handelt sich bei diesem Objekt um eines zwischen Kunst, Spiel und Imagination und in diesem Triumvirat um eine Konstruktion des Absurden. Alles scheint zu stimmen: Die Höhe der Hölzer, ihre Dicke und ihre Anzahl, die Distanz vom Boden bis zum horizontalen Steg, der Unterbau, das Geländer. Nur, was soll hier gebaut werden? Eine Verbindung nach drüben, ans deutsche Ufer? Ein Sprungbrett, um dieses möglicherweise auch schwimmend erreichen zu können? Soll am Ende vielleicht sogar eine «Steinbrück» entstehen? Angesichts des konsequenten Zu-Ende-Denkens dieser Fragestellung landet man unwillkürlich auf dem harten Boden der Realität beziehungsweise bäuchlings im Wasser. Dieser Brückenstummel mit dem Titel So weit das Budget reicht persifliert die Utopie vom Denk- und Machbaren einer einzigen Welt, im Sinne von kultureller Toleranz, Ressourcen und Gleichberechtigung.
Die beiden Künstler Matthias Bildstein und Philippe Glatz, Subversive ihres Fachs, spielen mit ihrer Installation nicht zum ersten Mal mit den Rasterverschiebungen der Wahrnehmung.
Die Ziele ihrer gemeinsamen Kunstinterventionen sind oft Orte im öffentlichen Raum, wo etwa, wie in Wien geschehen, auch mal eine historische «Galionsfigur» aus den Sockeln gehoben
und auf den Kopf gestellt wird. Matthias Bildstein stammt aus Dornbirn. Er studiert in Wien Multimedia und Bildhauerei an der Angewandten bei Erwin Wurm. Philippe Glatz wuchs in St.
Gallen auf. Er ist Student an der HdK in Zürich. Bekannt sind die beiden auch als Mitglieder der «Background Boys», einer Gruppe von Kunstschaffenden, die in wechselnder Zusammensetzung Aktionen und Ausstellungen durchführen.
Brigitte Schmid-Gugler